Nährstoffmangelerscheinungen bei Wasserpflanzen

Wachstumsgesetze

1855 Liebig'sches Minimumgesetz

Der im Minimum befindliche Wachstumsfaktor ist allein für den Ertrag verantwortlich!
Gilt heute strenggenommen nicht mehr, weil eine Steigerung des Minimumfaktors zwar zur stärksten Wachstumsteigerung führt, der Einfluß der anderen Nährstoffe dabei aber nicht berücksichtigt wird.

Mayer (1869) hat das Minimumgesetz auf alle Produktivfaktoren erweitert, das bedeutet für die Aquaristik die Berücksichtigung von Beleuchtung, Temperatur, pH, Wuchsdichte etc..

Liebscher (1895) und Wollny (1877) erkannten, daß die Ertragssteigerung durch Erhöhung eines Produktivfaktors nur bis zu einem bestimmten Maximalwert möglich ist, darüber hinaus tritt wieder Ertragsabfall ein. Weiterhin ist der im Minimum befindliche Wachstumsfaktor um so stärker ertragswirksam, je mehr die anderen Faktoren sich im Optimum befinden.

→ Optimumsgesetz

Zusätzlich wies Voisin 1945 noch auf die ertragsmindernde Wirkung des Überschusses eines Nährstoffes hin.

→ Gesetz des Maximums

Gelbe Seerosenblätter

Einzelne Mangelerscheinungen

Bitte bei der Diagnose von Pflanzenschäden beachten, daß viele dieser Beobachtungen nur im Labor zu erzielen sind, indem man gezielt einen und nur einen Nährstoff weg lässt. In der Praxis sind Kombinationen verschiedener Mangelzustände erheblich wahrscheinlicher.
Ebenso lassen sich scheinbare Mangelerscheinungen induzieren, indem man mit einem Protagonisten überdüngt, da viele Aufnahmesysteme der Pflanzen für mehrere Nährstoffe zuständig sind.
Das ist einer der Gründe, warum Einzelstoffdüngungen oft wenig zielführend sind, insbesondere, wenn Sie keine Rücksicht auf die gegenseitigen Abhängigkeiten bei der Nährstoffaufnahme nehmen (z.B. Kalium ↔ Magnesium).

Beim Vorliegen bestimmter Wasserparameter (z.B. GH > 1, Ca-Mangel nicht möglich) oder der Verwendung bestimmter Präparate (z.B. Ferrdrakon, beim Vorliegen eines ausreichenden Eisengehalts kann kein Mangan- oder Bormangel vorliegen) scheiden einige aus der Tabelle zuerst möglich erscheinenden Mängel von vornherein aus.

Eine der Hauptbeobachtungen ist oft eine mehr oder weniger ausgeprägte Chlorose, die je nachdem, wie sie auf Blattflächen und -adern auftritt, näher spezifiziert werden kann. Daneben sind Verkrüppelungen neben langsamen oder gar keinem Wachstum häufig.

Typische Schadensbilder von Chlorosen und weitere Infos…

Fraßschäden

Diese müssen differentialdiagnostisch von Blattschäden durch Spurenelementemangel unterschieden werden.

Typische Schadensbilder von Fraßschäden und weitere Infos…

Stickstoff

hat eine herausragende Stellung unter den Pflanzennährstoffen, da er ein wesentlicher Bestandteil des Chlorophylls, von Aminosäuren und Peptiden und anderer wichtiger Verbindungen wie Phytohormonen ist.

Die ganze Pflanze ist nur noch gelbgrün gefärbt, wobei die älteren Blätter stärker betroffen sind als die jüngeren. Aber auch die älteren Blätter sterben nicht ab, solange der Nährstoffmangel nicht extrem wird.
Die Pflanzen können sich auch durch die vermehrte Bildung von Anthocyan violett färben.

Phosphor (bzw. Phosphat)

Es gibt kein Wachstum mehr. Die ganze Pflanze bleibt aber grün, sie wird teilweise sogar recht dunkelgrün.
Manche Arten können sich durch gebildetes Anthocyan violett verfärben. Andere Arten bilden kein Anthocyan und bleiben einfach grün und klein.

Calcium

Zuerst zu beobachten in meristematischen Geweben. Mikroskopisch ist eine Desintegration der Membranen und der Zusammenbruch der Kompartimentierung der Zellen mit nachfolgender Autolyse und schließlich dem Zerfall des Gewebes zu konstatieren.

Leichter Mangel: Neue Blätter sind kleiner und verdreht. Das Blattgewebe ist reduziert, wobei die Blattadern erhalten bleiben. Die Blätter sind häufig gewölbt.

Mittlerer Mangel: Häufig starke Krümmungen oder Drehungen der stark in der Größe reduzierten Blätter. Dabei hat der Neuzuwachs weiße Streifen oder Ränder. Die Wurzeln sind stummelig und verdreht, wobei die Wurzelspitzen absterben können.
Vallisnerienblätter sind stark verknittert, als ob sie versucht haben zu wachsen und auf engstem Raum zusammengedrängt wurden.

Schwerer Mangel: Der Neuzuwachs ist fast komplett weiß, die Blätter winzige deformierte Stummel. Die Wachstumsspitze sowohl der Triebe als auch der Wurzeln stirbt ab.

Magnesium

Bei zweikeimblättrigen Pflanzen färben sich die älteren Blätter am Rand beginnend bis nach innen gelb. Die großen Blattadern bleiben in der Regel grün, während die Blattränder gelb oder weißlich werden und absterben.

Bei einkeimblättrigen Pflanzen wie Vallisnerien wurde Magnesium-Mangel bisher nicht beobachtet oder diagnostiziert, aber die Schäden sollten das Absterben der älteren Blätter beinhalten.

Die Pflanzen können sich auch durch die vermehrte Bildung von Anthocyan violett färben.

Kalium

Es bilden sich kleine abgestorbene Zonen in älteren Blättern. Sie können wie kleine Nadelstiche beginnen und wachsen dann. Bei einigen Arten wie Hornfarn bleiben die älteren Blätter grün, während sich die abgestorbenen Gebiete vergrößern. Neue Blätter sind in Größe und Blattfläche reduziert. Bei anderen Arten werden die älteren Blättern zuerst gelb bevor sie absterben, aber im Unterschied zum Magnesium-Mangel werden auch die Blattadern gelb.

Kaliummangel führt zu deutlichen, mikroskopisch wahrnehmbaren Strukturveränderungen der Mitochondrien (u.a. Zellorganellen).
Eine verstärkte Atmung und ein starker Abfall des P/O-Quotienten (als Ausdruck für den Wirkungsgrad der ATP-Synthese) zeigen, daß es zu einer Entkopplung von Atmung und Energieübertragung kommt.
Kalium ist auch an der Biosynthese von Proteinen und Kohlehydraten beteiligt. Im Mangel häufen sich niedermolekulare Verbindungen in der Zelle an.
Es aktiviert viele Enzyme, wobei die membrangebundenen ATPasen eine Schlüsselfunktion darstellen.

Schwefel

Sieht praktisch genauso aus wie der Stickstoff-Mangel, ist aber selten, da Sulfate in vielen Gewässertypen neben den Hydrogencarbonaten die vorherrschenden Anionen sind.
Schwefel ist ja im Chlorophyll nicht enthalten, daher muss die Schwefel-Mangel-Chlorose auf die Beeinträchtigung der Proteinbiosynthese durch Mangel an Schwefel-haltigen Aminosäuren zurückzuführen sein.

Eisen

Es bildet sich weniger Chlorophyll im Neuzuwachs. Blätter und Stengel haben die selbe Farbe. Die Wachstumsspitzen von Hornkraut färben sich erst violett und dann weiß, „Egeria densa”-Spitzen werden erst gelbgrün, dann gelb mit schmalen Blättern, die sich dicht an den Stengel „klammern”.
Bei geringem Mangel sind die neuen Blätter der Schwertpflanzen kleiner mit Flecken oder breiten Streifen in Längsrichtung, die fahler sind als der Rest des Blatts.
Bei schwerem Mangel fehlt bei vielen Pflanzen das Chlorophyll komplett beim Neuzuwachs und die betroffenen Pflanzen sterben daher rasch ab.

Mangan

Ist dem Eisen-Mangel sehr ähnlich, die Blattadern bleiben allerdings grün, während das Gewebe zwischen den Adern gelb wird und abstirbt.

Kupfer

Es bilden sich weiße Blattränder und die Blattspitzen sterben ab. Die Befruchtung der Fruchtanlagen unterbleibt.

Zink

Es bilden sich gelbliche Flecken zwischen den Blattnerven, beginnend an den Blatträndern und -spitzen. Neue Blätter bleiben kleiner.

Bor

Der Bor-Mangel ist dem Calcium-Mangel sehr ähnlich. Der Neuzuwachs ist verdreht und kleiner. Die Wachstumsspitzen sowohl des Triebs als auch der Wurzeln sterben ab.
Bei geringem Mangel sind bei Cryptocorynen die Blätter gewölbt und die Wurzeln verkürzt und verdreht.

Molybdän

Ältere und mittlere Blätter sind blaugrün verfärbt. Später treten Chlorosen in Form von gelben Flecken zwischen den Blattnerven auf, dann bilden sich braune Zonen entlang der Blattränder. Die Blüte wird verhindert.

Mobile ↔ Immobile Nährstoffe

Einmal von der Pflanze aufgenommen Nährstoffe sind in unterschiedlicher Weise zur Wanderung im Gewebe befähigt. Mehr mobile Elemente können von älteren Pflanzenteilen zu den Wachstumszentren transportiert werden, Nährstoffmangelerscheinungen werden bei diesen Stoffen zuerst in den älteren Pflanzenteilen sichtbar. Stärker immobilisierte Elemente können nur wenig oder gar nicht in die Zonen stärksten Wachstums gelangen, sichtbare Mängel fallen hier zuerst am Neuzuwachs auf.

Mobile Elemente Immobile Elemente
N, P, K, Zn, Mo, (Mn) Ca, S, Fe, B, (Mn)

Informationsquellen

Die konkreten Beschreibungen der möglichen Pflanzenschäden finden sich bei „The Krib”, detaillierte Schilderungen auch der zellbiologischen Ursachen der sichtbaren Schäden kann man bei Amberger nachlesen.